2019 neigt sich dem Ende zu- Zeit für einen kleinen Rückblick und ein paar Gedanken.
Der
zweite heiße Sommer in Folge. Mit Dürre, toten und sterbenden Bäumen,
globalen Waldbränden in einem Ausmaß, welches wir lange nicht so
konzentriert erlebt haben, einem Klimapaket, welches seinen Namen meiner
Meinung nach nicht verdient hat und einer Konzentration auf
polarisierende Themen, die lediglich dazu führen, dass sich dieses Land
mehr und mehr entzweit.
Ent-Täuschung
Je mehr
ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich leider zu dem Schluss, dass
eine verantwortungsvolle Politik im Sinne der so genannten "Bevölkerung"
(also der Menschen!!!) augenscheinlich nicht mehr möglich ist. Keine
neue Erkenntnis, keine Frage, aber immer noch war ich in dem guten
Glauben, dass sich schon alles finden wird. Naja, wie heißt es so schön?
Das Ende der Täuschung hat auch mich erreicht. Ich wurde ent-täuscht.
Nicht, dass ich darüber traurig wäre, im Gegenteil, eine Enttäuschung
gibt ja eigentlich nur Preis, was wahrlich zu verbergen versucht wurde.
Und daher bin ich fast schon dankbar für die Demontage auf so vielen
Ebenen, die ich im letzten Jahr beobachten konnte.
Tempolimit?
Da
wird als einziges Land innerhalb Europas beschlossen, dass ein
Tempolimit nicht eingeführt wird. Hier lege ich den Umweltaspekt mal
kurz beiseite und konzentriere mich einzig auf den Wert des menschlichen
Lebens: Wie verantwortungslos ist ein Politiker, wenn er den Verlust
menschlichen Lebens fast schon als Kollateralschaden hin nimmt? Und wenn
nur ein Leben gerettet werden kann, welches nicht unverschuldet durch
einen anderen Fahrer ausgelöscht wird, so ist das verdammt noch einmal
Grund genug, es den anderen Ländern gleich zu tun und mitzuziehen.
"Raser" wird es immer geben, ob mit oder ohne Tempolimit, aber ist es
ethisch, moralisch und vor allem menschlich noch zu unterstützen indem
ein Tempolimit abgelehnt wird?
Erhalt statt Wachstum
Was
hätte unser Land für Chancen wenn nicht Machterhalt und
Wirtschaftswachstum so im Vordergrund stehen würden... Es wären
fantastische Möglichkeiten, die sich bieten würden. Hier kurz eine
Erläuterung meiner persönlichen Meinung: Ich bin für einen Erhalt des
Standarts, ausbaufähig wären natürlich und selbstverständlich die
sozialen Bereiche auf allen Ebenen (Pflege, Krankenhäuser, Schulen,
KiTas, soziale Institutionen für obdachlose Menschen, für behinderte
Menschen, die Teilhabe aller Menschen, egal welcher Herkunft und alle
weiteren), ich bin aus diversen Gründen nicht für ein permanentes
Wirtschaftswachstum- das führt in der Regel irgendwann zum Kollaps. Aber
ich bin für die Entwicklung von innovativen Lösungen, die zu einem
nachhaltigen und glücklichen Miteinander führen können, welches Mensch,
Natur und Umwelt in Einklang bringt.
Das Geld wäre da, spätestens wenn es nicht mehr um Gewinnmaximierung gehen würde.
Umverteilung
Eine
sinnvolle Umverteilung von Geldern wäre eine gute Möglichkeit, um
gemeinsam langsam und nachhaltig in eine bessere Zukunft zu gehen.
Subventionen für umweltschädigende Industrien können von Jahr zu Jahr
reduziert werden, zugunsten der Industriezweige, die sich als nachhaltig
und umweltschützend erweisen. Jeder Betrieb kann sich so während des
Zeitfensters Gedanken um die Möglichkeiten des Wandels in seiner Firma
machen. Konventionelle Landwirte hätten Zeit sich dem ökologischen Anbau
zuzuwenden, Massentierhaltung könnte endlich Geschichte werden. Auch
sollte die regionale Produktion stärker in den Fokus gerückt werden. Die
globale Vielfalt, die z.B. in den Obst- und Gemüseregalen zu finden ist
mag verlockend sein, doch es gibt eine Vielzahl heimischer Superfoods,
die mehr und mehr innerhalb kürzester Zeit in Vergessenheit geraten
sind... Nur weil wir meinen, dass wir immer wieder etwas neues benötigen
würden. Neu wäre mittlerweile aber tatsächlich das Alte wieder zu
entdecken, insbesondere in Bezug von regionalem und vor allem saisonalem
Obst und Gemüse- und dies zu fairen Preisen, während Importprodukte
massiv im Preis steigen sollten- und zwar abhängig von ihrer Herkunft,
ihrer Produktionswege und den fairen Löhnen für die Landwirte in den
jeweiligen Regionen.
Textilindustrie
Gleiches
sollte für Kleidung gelten- ein Land wie unseres kann und darf es sich
nicht weiterhin leisten, den Verkauf von Billigtextilien unter den
gegebenen Umständen weiterhin zu gestatten. Ja, Kleidung muss für jeden
Geldbeutel erschwinglich sein, aber darf es dies unabhängig davon,
welches Leid dafür anderorts unterstützt wird? Und auch hier könnte ein
Preisanstieg im Rahmen der Transportkosten und zugunsten der Löhne in
den jeweiligen Betrieben eine Möglichkeit sein, um die Aufmerksamkeit
wieder mehr in unser Bewusstsein zu transportieren. Auch ist es zwingend
erforderlich, dass die Herstellung und die Herkunft in Hinblick auf die
Arbeitsbedingungen hin überprüft werden- und wenn diese mit den
aktuellen Menschenrechtskonventionen nicht in Einklang zu bringen sind,
dann ist so ein Handel nicht zu gestatten. Hört sich zugegeben radikal
an, aber ich fürchte, dass uns allen ein wenig der Blick verloren geht-
der Blick auf Werte, sowohl menschlich als auch materiell.
Zeit und Geld- verkehrte Welt
Wir
alle klagen über zu wenig Zeit, doch wofür geben wir diese aus? Was ist
in den letzten Jahrzehnten dazu gekommen? 24- Stunden Fernsehen, Handy,
Internet, soziale Netzwerke... Haben wir alle wirklich keine Zeit mehr,
um z.B. unsere Lebensmittel selbst zu verarbeiten? Ein weiterer Punkt,
den ich zunehmend nicht verstehe. Warum ist z.B. Mehl billiger als das
Korn aus dem es gewonnen wird? Da kostet ein Kilo Bio- Mehl Typ 550
0,95€ während das volle Korn Weizen, also unverarbeitet, im Kilo bei
1,45€ liegt (gleiche Marke wohlgemerkt). Für mich eine verkehrte Welt.
Fridays for Future und die Möglichkeiten
Hauswirtschaft
und kochen waren mal Schulfächer- was wäre so falsch daran, diese
wieder zu etablieren? Will ich damit zurück in die Steinzeit?
Mitnichten, nehme ich die Chancen der Fridays for Future- Bewegung als
Anstoß:
Mal angenommen, wir würden die Gedanken der
Schülerinnen und Schüler ernst nehmen: Könnte sich ein Lehrplan nicht
dahingehend entwickeln, dass dem angewandten Lernen ein größeres
Zeitfenster eingeräumt wird? Montags- Donnerstags Unterricht nach
klassischen Vorgaben und Freitags die praktische Anwendung. Derzeit sind
dies noch die FFF- Demonstrationen/ Streiks, wie immer man sie nennen
mag, mit dem Hintergrund, gemeinsam für eine bessere Umwelt
einzutreten.
Wir haben alle gelernt, dass sich Erinnerung und
Gelerntes durch eine praktische Anwendung wesentlich fester verankern,
als dies ein bloßes theoretisches Lernen kann. Im Rahmen von angewandtem
Lernen könnte z.B. in Erdkunde das Thema Klimaentwicklung aufgegriffen
werden während in Physik die Möglichkeiten der unterschiedlichen
Energiegewinnung durchgenommen werden. In Kunst würden Plakate, Banner
etc. erstellt und in Biologie könnte sich mit den diversen Ökosystemen
beschäftigt werden. In Politik kann die Rechtslage behandelt werden:
Streik- und Demonstrationsrecht. Freitags wird dann auf die Straße
gegangen. Spinne ich diesen Ansatz weiter, so könnten sich pro Jahrgang
Schwerpunktthemen etablieren, die durchaus mit dem Lehrplan konform
gehen und gleichzeitig an einem Wochentag praktisch erlebbar gemacht
werden (in diversen Ausbildungsgängen gibt es ja z.B. bereits einen
Praktikumstag/ Woche). Damit würde FFF, sobald nicht mehr erforderlich,
durch einen solchen Tag ersetzt werden. Dies könnte mit Exkursionen
gefüllt sein oder mit gemeinschaftlichen Aktivitäten zu den behandelten
Themen. In meiner Vision müsste dies realisitisch 2x/ Monat umsetzbar
sein. An den anderen beiden Wochentagen (= 4 Wochentage/ Monat) könnten
lebenspraktische Themenschwerpunkte gesetzt werden: Social Media,
Kochen, Hauswirtschaft, Zeit- und Streßmanagement, Gärtnern u.v.m. Pro
Jahrgangsstufe könnte so altersentsprechend "für das Leben gelernt
werden". Hätte mir während meiner Schulzeit bestimmt mehr Spaß gemacht
und somit auch mehr Motivation in mir geweckt.
Nur Strom und Sprit ist zu wenig
Wie also passt es in ein so genanntes Klimapaket, dass dort fast ausschließlich die Themen Strom und Sprit vorkommen?
Ich
glaube, dass dies schlicht daran liegt, um die Menschen zu polarisieren
und zu benutzen. Kosten für Strom und Sprit sind die Ausgaben, mit
denen ganz viel Wut erzeugt werden kann- auch bewusst gesteuert. Und
jemand, der seine Macht behalten mag, der scheut sich nicht wirklich,
seine Konkurrenz mit allen Mitteln klein oder gefährlich zu reden.
Wie waren noch die Worte, dass der Mittelstand nicht zu sehr belastet werden darf? Und was ist passiert?
Wo
werden Luxusgüter teurer, wo bleiben die, die bislang schon
weitestgehend nachhaltig leben, nur leider in einer Mietwohnung und
angewiesen auf den PKW? Das derzeitige Klimapaket ist für die einen ein
Witz und für nachhaltig lebende Menschen ein Schlag in die... In jedem
Fall viel zu wenig, viel zu sehr auf 2 Kernpunkte reduziert und mehr als
ausbaufähig.
2020
Ja, ich bin ent-täuscht,
aber auch dankbar dafür. Und ich hoffe weiterhin darauf, dass viele
andere in ihrer Enttäuschung nicht blind werden und meinen eine so
genannte "Alternative für wen auch immer" wäre auch eine echte. Und ich
wünsche allen, die für eine bessere Umwelt einstehen, dass wir den
längeren Atem haben! 2020 darf gerne besser werden!